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054 - FILM - PINA-3D

„Der 3D-Film PINA: Ein Erlebnis!" 

Von Dietmar Wolfgang Pritzlaff

Die hochdekorierte Tänzerin und Choreografin Pina Bausch und der immer wieder ausgezeichnete Filmregisseur Wim Wenders waren seit Jahren innige Freunde. Gemeinsam teilten sie einen Traum: Eines Tages einen Film von, über und mit dem Tanztheater Wuppertal zu machen. Im Frühjahr 2009 wurden konkrete Pläne geschmiedet. Pina Bausch selbst suchte die Werke aus, die im Film ausschnittweise vorgestellt werden sollten. Im September setzte man in Wuppertal genau diese Stücke in den Spielplan: Café Müller, Frühlingsopfer, Kontakthof und Vollmond. Zwei Tage vor dem offiziellen Drehstart, den offiziellen Probeaufnahmen verstarb die weltberühmte Choreografin Pina Bausch, am 30. Juni 2009.

Wim Wenders hielt eine sehr berührende Totenrede. Der Regisseur konnte sich nicht mehr eine Verwirklichung des Filmes ohne die Leiterin des Tanztheaters Pina Bausch vorstellen, wie er in Interviews betonte. Das Projekt lag auf Eis. Zu tief saß der Schock über den plötzlichen Tod.

Der Spielplan des Tanztheaters wurde trotz des frühzeitigen Ablebens Pina Bauschs eingehalten. Es wurde wieder gereist und aufgeführt. Es wurde Applaus in Empfang genommen und man sah, dass das Werk der hochdekorierten Choreografin für sich spricht und in aller Welt gefeiert wird.

Es waren schließlich die Tänzer und Tänzerinnen des Pina Bausch-Ensembles selbst, die das Filmprojekt wieder ansprachen und den Regisseur Wim Wenders dazu brachten, den Film doch noch zu realisieren. Im Gedenken an Pina Bausch. Ein Film für Pina Bausch. Eine Hommage. Ein Meisterwerk in neuester 3D-Technik.

Wim Wenders suchte nach einer Möglichkeit, die vielschichtigen Werke des Wuppertaler Tanztheaters nachvollziehbar in Szene zu setzen und kam dann auf die 3D-Technik. Mit dieser Filmtechnik konnte er Szenen aus den Bausch-Stücken ganz plastisch und erfahrbar auf der Bühne nachzeichnen, wie es in 2D und einem Guckkasten-Theater sonst nicht möglich gewesen wäre.

Die Kamera tanzt mit auf der Bühne, umkreist die Tänzer und Tänzerinnen, wird vom Ensemble als Protagonist angetanzt. Die 3D-Technik macht den Regen aus dem Stück „Vollmond“ für den Zuschauer greifbar. Mit dieser Technik ist der Zuschauer ganz nah an und in der Bausch-Gedanken-Welt, wie es sonst in keinem Schauspiel- oder Opernhaus möglich wäre.

Außerdem wendet Wim Wenders die Arbeitsweise der Pina Bausch an: Sie und Er stellten Fragen an die Tänzer und Tänzerinnen. Das Ensemble antwortete mit ihren Körpern, mit ihren Gesten und Mimiken, mit ihren Bewegungen und Einfällen, ihren ganz persönlichen Stilen. So kommt es, dass die Tänzer und Tänzerinnen an ganz besonderen Orten in und um Wuppertal herum, der Stätte des Wirkens des Tanztheaters Pina Bausch, ihre Räume zur Entfaltung ihrer Antworten fanden.

So gibt es zum Beispiel Tanztheater-Szenen unter und auch in der Wuppertaler Schwebebahn (achten Sie unbedingt auf den weiblichen Roboter), unter einer Brücke in Solingen, an der Kokerei auf dem Gelände der Zeche Zollverein, Weltkulturerbe in Essen und auf der Halde Haniel in Bottrop. Dort tanzt das gesamt Bausch-Ensemble vorbei an den bunten Totems aus Eisenbahnschwellen des Künstlers Augustin Ibarrola.

Es gibt für den Kenner der Bauschwerke ein Wiedersehen mit einem Tänzer der Äste auf dem Kopf, Schultern und Armen balanciert. Die Liebe zu einem Nilpferd aus dem Stück „Arien“ wird mit einem Kuss besiegelt und die quälende „Berührungsszene“, fast eine Vergewaltigung aus „Kontakthof“, zieht den Zuschauer in den Bann des Bausch-Kosmos.

Der Film PINA ist voll von Bausch-Zitaten. Von ganz persönlichen Erfahrungen erzählen die Tänzer und Tänzerinnen zwischen den Tanzszenen der ausgewählten Stücken.

Und auch die Künstlerin Pina Bausch kommt noch ein Mal selbst zu Wort: In berührenden Momenten seltener Interviews spricht die große Choreografin noch ein Mal zu uns und zum Ensemble.  Noch ein Mal tanzt sie selbst im Stück „Café Müller“. Das Stück bewegt sich in tiefsten Schichten der Traurigkeit, Verlorenheit und Resignation.

Ein genialer Kunstgriff des Regisseurs Wim Wenders ist der Schnitt der Ausschnitte aus dem Bausch-Stück „Kontakthof“. Pina Bausch hat ihr eigenes Stück in drei Versionen auf die Bühne gebracht. „Kontakthof – Ein Stück von Pina Bausch“ von dem Ensemble getanzt, „Kontakthof – mit Damen und Herren ab 65“ und „Kontakthof – mit Teenagern ab 14“. Wim Wenders schneidet die Ausschnitte der verschiedenen Aufführungen hin und her und übergreifend und immer wirken die Szenen völlig anders.
Es gibt noch weitere wunderschöne Einstellungen, aber die sollen hier nicht verraten werden. Es gibt viel zu entdecken in dem Film PINA für Pina. Unbedingt ansehen, zurücklehnen, sich verzaubern lassen und einfach nur staunen.

Darsteller/Tänzer und Tänzerinnen:
Regina Advento, Malou Airaudo, Ruth Amarante, Jorge Puerta Armenta, Rainer Behr, Andrey Berezin, Damiano Ottavio Bigi, Aleš Čuček, Clémentine Deluy, Josephine Ann Endicott, Lutz Förster, Pablo Aran Gimeno, Silvia Farias Heredia, Barbara Kaufmann, Nayoung Kim, Daphnis Kokkinos, Eddie Martinez, Dominique Mercy, Thusnelda Mercy, Ditta Miranda Jasifi, Christina Morganti, Nazareth Panadero, Helena Pikon, Jean Sasportes, Franko Schmidt, Azusa Seyama, Julie Shanahan, Julie Anne Stanzak, Michael Strecker, Fernando Suels Mendoza, Tsai-Chin Yu, Aida Vainieri, Anna Wehsarg

Stab:
Drehbuch, Regie, Produktion: Wim Wenders
Produzent: Gian-Piero Ringel
Kamera: Heélène Louvart
3D-Producer: Erwin M. Schmidt
Schnitt: Toni Froschhammer
Kompositionen: Thom Hanreich
Art Director und Bühnenbild ab 1980: Peter Pabst
Künstlerische Beratung: Dominique Mercy, Robert Sturm
Kostüme: Marion Cito
Bühnenbild und Kostüme bis 1980: Rolf Borsig

Offizielle Homepage des Regisseurs Wim Wenders:
http://www.wim-wenders.com/

Infos zum Film auf:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pina_(Film)

 


eingestellt am: 22.02.2011