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045 - TANZ - Undine - Henze-Projekt

Ruhr.2010 - „UNDINE“ – Das Henze Projekt –
Neue Musik für eine Metropole

Ein junger Choreograph und ein alter Komponist. Junge Tänzer und Tänzerinnen und eine schon ältere Musik. Das ganze gibt einen wunderschönen, lebendige und frischen, jungen Ballettabend im Aalto Theater Essen.

Von Dietmar Wolfgang Pritzlaff

Der Komponist ist Hans Werner Henze, 1926 in Gütersloh geboren, ein Dritte Reich Kind. An der Staatmusikschule Braunschweig begann er seine Ausbildung am Klavier und Schlagzeug. Es folgten Reichsarbeitsdienst und Einberufung zur Wehrmacht als Funker. Nach britischer Kriegsgefangenschaft studierte er in Heidelberg, in Darmstadt und Paris. Er wurde engagiert an Theatern nach Konstanz und Wiesbaden. Hans Werner Henze störte die mangelnde Aufarbeitung des Dritten Reichs nach Kriegsende und ging auch wegen Anfeindungen seiner Homosexualität in Deutschland 1953 nach Italien. Erst nach Ischia, dann Neapel, später Rom und Castel Gandolof, bis Marino, wo er heute noch lebt.

Die Ruhr.2010 widmet im Kulturhauptstadtjahr einen ganzen Katalog an Projekten, Aufführungen, Konzerten und Balletten mit / zur / von / über Henze-Musik. Ein experimentierfreudiger Mensch, der es bis heute geblieben ist.

Das Werk UNDINE entstand in Italien und England und war eine Auftragsarbeit des Royal Opera House, Covent Garden und feierte im Herbst 1958 seine Uraufführung. Die Erzählung UNDINE stammt von Friedrich Heinrich Karl Freiherr de la Motte Fouqué und war ein deutscher Dichter der Romantik und entstammt eineraltadligen französischen Hugenottenfamilie aus Brandenburg an der Havel. Die Erzählung UNDINE erschien 1811 in seiner Zeitschrift JAHRESZEITEN und als Buch.

Die Handlung: Palemon ist mit Beatrice verlobt. Da erscheint ihm Undine, eine Nymphe und fasziniert ihn so sehr, dass er seine Verlobte vergisst und dem andersartigen Wesen in den Wald folgt. Beatrice und die Hofgesellschaft suchen nach Palemon.
Palemon und Undine wollen ein Schiff besteigen. Beatrice kommt herzu und Palemon ist wieder hin- und hergerissen zwischen den beiden Frauen. Ein Sturm bricht aus und verschlägt Palemon und Beatrice auf einen Felsen.
Palemon und Beatrice heiraten, aber Palemon kann Undine nicht vergessen. Plötzlich taucht Undine zwischen den Hochzeitsgästen auf und gibt dem Sterblichen einen tödlichen Kuss.

Der belgische Choreograph STIJN CELIS schuf ein märchenhaftes, kraftvolles Ballett. UNDINE ist seine erste Arbeit für die Aalto-Compagnie.
Die Bühnenbilder sind klar und sachlich, mit einer wunderschönen Reduktion auf das Wesentliche, so wird vor einem angedeuteten Wasserfall, einer Silhouette eines Schiffes und unter einem leuchtenden Vollmond genauso getanzt wie mit echtem Feuer und einem Lichtreifen.
Die Kostüme erinnern an den Look der 50er-Jahre und sind doch hoch modern. Die Tänzer und Tänzerinnen tragen mal Kostüme wie Stewardessen und schwarze Anzüge, verbiegen sich in Corsagen in Pastelltöne, sind auch mal im Krankenschwesternoutfit unterwegs, in buten Harlekin-Kostümen oder in einem roten Anzug.

Das Tanz-Enseble tanzt auf hohem Niveau. Allen voran BRENO BITTENCOURT aus Brasilien als Tirrenio, MARAT OURTAEV aus Russland als Palemon, ADELINE PASTOR aus Nizza als Beatrice und YOO-JIN JANG als UNDINE. Die Synchrontänze der Compagnie waren zwar nicht immer völlig übereinstimmend, aber wunderschön anzusehen.

Und wenn die jungen knackigen Matrosen oben ohne ihr Werk verrichten, dann schmelzen nicht nur Frauenherzen dahin, sondern auch der schwule Mann weiß solche Details aufrichtig zu würdigen.

Das stärkste Tanzstück des gesamten Abend ist im 2.Akt: Palemon kann sich zwischen den Beatrice und Undine nicht entscheiden. Völlig zurückgenommene Musik und ein Reigen schmiegender weicher Bewegungen des Tänzers und der Tänzerinnen, war ein Augenrausch.

VOLKER PERPLIES, der die musikalische Leitung inne hatte und das Gast-Orchesters, die Bochumer Symphoniker konnten völlig überzeugen. Sie machten aus Henzes romantischer Musik einen Ohrenschmaus.

Alles in allem überzeugte der Ballettabend in ganzer Fülle und ist hoffentlich auch in den nächsten Aufführungen wieder ausverkauft.
Ein tosender Applaus waren die Früchte der Ernte. Und diese anhaltende Belohnung gab es verdient.

Weitere Termine sind:
Mittwoch, 05.01. 2011 – um 19.30 Uhr
Samstag, 22.01.2011 – um 19.00 Uhr

Choreographie:
Stign Celis

Bühne:
Jann Messerli

Kostüme:
Catherine Voeffray

Musikalische Leitung:
Volker Perplies

Gastorchester:
Bochumer Symphoniker

Die Aalto-Ballett-Compagnie:
Breno Bittencourt
Marat Ourtaev
Adeline Pastor
Nour El Desouki
Yoo-Jin Jang
Yulia Tsoi
Denis Untila
Nwarin Gad
Armen Hakobyan
Davit Jeyranyan
Vardan Khachatryan
Natalia Korneeva
Ana Sanchez Portales
Maria Lucia Segalin
Dragan Selakovic
Wataru Shimizu
Paula Archangelo Guimaräes
Elisa Fraschetti
Alena Gorelcikova
Maria Pia Hernandez
Christopher Parker
Ana Carolina Reis
Simon Schilgen
Oleksandre Shyryayev
Davit Vardanyan
Igor Volkovskyy
Michelle Yamamoto
Paula Cabral
Jessica de Fanti-Teoli
Bianka Fucsko
Raquel Lopez Ogando
Svetlana Schenk
Elitsa Zafirova

 


eingestellt am: 20.10.2010